Willkommen
Das Deutsche Archäologische Institut kam als Geschenk in die Welt. Privatgelehrte, Diplomaten, Künstler und Antikenbegeisterte aus zahlreichen Ländern kamen in Rom zusammen, um die Denkmäler der Antike zu erforschen. Das „Geschenk“ nahm einen unerwarteten Aufstieg, vergrößerte sich und erhielt bald die königliche Gabe der öffentlichen Förderung in Preußen, ab 1874 war es kaiserliche Einrichtung, die dem Auswärtigen Amt zugeordnet war. Das DAI ist also seit jeher ein Forschungsinstitut, das auf der Grundlage der Entscheidungen des Bundestages im Wesentlichen durch die öffentliche Hand finanziert wird. Entsprechend ist es seine Verpflichtung, seine Aufgaben nach bestem Vermögen zu erfüllen und Rechenschaft abzulegen über sein Tun.
Zu dieser Verpflichtung gehört es auch, zu berichten über das unermüdliche Engagement von Stiftungen, Freundeskreisen und Privatpersonen, ohne die heute keine wissenschaftliche Arbeit mehr denkbar ist.
Dies zu tun, ist der Zweck dieser Sonderausgabe von „Archäologie Weltweit“. Sie kann keine auf Vollständigkeit abzielende Gesamtdokumentation sein. Vielmehr soll sie einen Einblick in die Geschichte privaten Engagements und möglicher Formen von Public-private-Partnership geben, dem Antikenkundigen auch bekannt als Euergetismus oder in etwas anderer Form – Mäzenatentum.
Der Zweck dieser Sonderausgabe ist es aber vor allem, Stiftungen und Stiftern, Freundeskreisen und Einzelpersonen zu danken für ihre unschätzbar wertvolle Unterstützung. Leider reicht der Platz nicht, alle diejenigen zu nennen, die das DAI seit seinen Anfängen im 19.Jahrhundert unterstützt haben. Dieses Heft soll aber darüber hinaus auch zeigen, dass Archäologie ein Feld ist, das sehr viele Facetten hat, die man unterstützen kann.
Prof. Dr. Dr. h.c. Friederike Fless
Wichtige Partner - erst recht in Krisenzeiten
Ist deutsche Außenpolitik für die Welt von heute richtig aufgestellt? Tun wir das Richtige und tun wir es auf die richtige Art und Weise? Diese Fragen habe ich mir gestellt, als ich zum zweiten Mal das Amt des Außenministers übernommen hatte. Denn die Welt um uns herum hat sich verändert. Krisen und Konflikte sind näher an uns herangerückt. Auch sind die Erwartungen unserer Partner und Verbündeten an uns gestiegen. Über ein Jahr lang haben wir schließlich im „Review-Prozess“ in Deutschland und weltweit mit unseren Partnern, mit führenden Experten, aber auch mit Bürgerinnen und Bürgern über diese Frage diskutiert und unsere Außenpolitik auf den Prüfstand gestellt. Ergebnis des Review-Prozesses ist eine weitreichende Agenda, und zwar nicht nur für den Umbau des Auswärtigen Dienstes.
Eine Erkenntnis des Selbstüberprüfungsprozesses ist auch, dass wir den Instrumentenkasten deutscher Außenpolitik noch besser als bisher ausschöpfen müssen, von der Frühwarnung und Konfliktprävention bis hin zum stärkeren Zusammenwirken zwischen Bundesregierung und zivilgesellschaftlichen Akteuren. Meine Überzeugung ist: Wenn wir erfolgreich sein wollen bei der Lösung von Konflikten in der Welt, müssen wir potentielle Partner enger in unsere Anstrengungen einbinden und stärker als bisher ihre Expertise in unsere Arbeit integrieren.
Das gilt auch für die Auswärtige Kulturpolitik und insbesondere für den Bereich von Kulturgüterschutz und Kulturerhalt. Auch hier wollen wir unsere Zusammenarbeit mit Partnern wie dem Deutschen Archäologischen Institut DAI, oder auch mit unternehmensnahen Stiftungen ausbauen und strategischer als bisher gestalten.
Die archäologische Forschung und der Erhalt des weltweiten kulturellen Erbes als zentrale Handlungsfelder des DAI erfahren angesichts der vielzähligen Krisen, Kriege und Konflikte im Nahen und Mittleren Osten eine neue politische Bedeutung. Denn in ihrer zynischen Strategie, die größtmögliche Schockwirkung zu erzielen, machen die Terrorbanden von ISIS auch vor Zerstörungen der wichtigsten kulturellen Schätze der Welt nicht Halt. Die Angriffe der Terroristen zielen ganz bewusst direkt in das Herz der Zivilisation, auf die Würde des Menschen. Wenn man, wie Millionen Syrer und Iraker, alles verliert, der Heimat beraubt wird, Erinnerungen ausgelöscht werden, gewinnt Kulturerbe eine noch größere Bedeutung. Es kann Orientierung geben, stär die eigene Identität und ist damit eine Chance zur Selbstvergewisserung und Verortung. Indem es Merkmale einer pluralen Gesellschaft abbildet, ist das Kulturerbe zudem ein täglich sichtbares Zeugnis für die Möglichkeit gegenseitiger Verständigung und friedlichen Zusammenlebens und straft damit das von ISIS gezeichnete Weltbild Lügen. Umso notwendiger sind unsere Bemühungen, national und international, Kulturgut zu schützen und zu erhalten. Auch deswegen haben wir uns gemeinsam mit dem Irak in der Generalversammlung der Vereinten Nationen erfolgreich für eine Resolution zum Schutz des Weltkulturerbes eingesetzt.
Das DAI ist mit seiner weltweiten Vernetzung und einer oftmals langen Präsenz vor Ort ein wichtiger Partner des Auswärtigen Amts. Seit drei Jahren fördern wir zum Beispiel das Syrian Heritage Archive Project, das vom DAI gemeinsam mit dem Museum für islamische Kunst durchgeführt wird. Bei dieser Zusammenarbeit mit deutschen, syrischen und internationalen Kollegen wird erstmalig ein Register des syrischen Kulturerbes auf digitaler Basis erstellt. Bis dato wurden über 127 000 Datensätze gesammelt und publiziert. Konkret geht es darum, bedrohte Kulturgüter zu katalogisieren – nicht nur, um sie auf illegalen Kunstmärkten zu identifizieren, sondern auch um eine spätere Restaurierung zu ermöglichen. Ferner unterstützt das Auswärtige Amt das DAI bei der Zusammenarbeit mit Kollegen aus dem Irak und dem Jemen zu Fragen des Kulturerhalts. Hier geht es darum, gemeinsam mit den betroffenen Staaten ein Zeichen gegen die aktuellen Zerstörungen zu setzen.
Der Schutz archäologischer Stätten kann aber nicht allein durch staatliche Organe, Experten oder Maßnahmen ausländischer Partner gewährleistet werden, weshalb das politische Engagement auch nur ein Element sein kann, um kulturelles Erbe nachhaltig zu schützen. Politische Anstrengungen werden langfristig nur dann Erfolg haben, wenn das eigene Kulturerbe auch in der Öffentlichkeit im Nahen und Mittleren Osten mehr Wertschätzung erfährt und die Menschen vor Ort ein stärkeres Bewusstsein für die Notwendigkeit zum Erhalt kulturellen Erbes entwickeln. Deshalb ist es so wichtig, die lokale Bevölkerung in unsere Projekte einzubeziehen und mit unseren Partnerländern auf Augenhöhe zu kooperieren. Unsere Sorge um das Erbe der Vergangenheit und das Bemühen um seinen Erhalt sollten wir als gemeinsamen Auftrag Aller verstehen. Zugleich müssen wir auch hier bei uns in Deutschland das Bewusstsein dafür stärken, dass der illegale Handel mit antiken Kulturgütern kein Kavaliersdelikt ist. Im Gegenteil: Er fördert die Plünderung der archäologischen Stätten. In Syrien und im Irak trägt er zudem direkt zur Finanzierung des Terrorismus bei. Diesem Anliegen dient der Entwurf des neuen Kulturgutschutzgesetzes, der am 4. November 2015 vom Kabinett angenommen worden ist und jetzt in Bundestag und Bundesrat beraten wird.
Besonders hervorheben möchte ich ein vom DAI koordiniertes Projekt, das mit Unterstützung des Auswärtigen Amts in diesen Tagen angelaufen ist: Es trägt den Namen „Die Stunde Null“. Unter Mitwirkung verschiedener Projektpartner und syrischer Flüchtlinge wollen wir gemeinsam Konzepte für die Zukunft Syriens entwickeln. Dabei kann Deutschland die Geschichte seiner eigenen Erfahrungen nach 1945 einbringen. Als Auftakt werden syrische Flüchtlinge in Jordanien und im Libanon gemeinsam mit lokalen Personen in den Bereichen Restaurierung und Konservierung ausgebildet. Am Beispiel berühmter Monumente wie den Ruinen von Baalbek und Gadara werden praktische Fertigkeiten erworben, die berufliche Perspektiven schaffen und auf einen einstigen Wiederaufbau ausgerichtet sind.
Diese Initiative wie auch weitere Projekte im Bereich Capacity-building sind eingebunden in das vom Auswärtigen Amt geförderte Archaeological Heritage Network, welches vor kurzem gegründet wurde. Das Netzwerk deutscher Verbände, Einrichtungen und Universitäten hat sich zum Ziel gesetzt, deutsche und internationale Kompetenzen im Bereich Kulturerhalt zu vernetzen und diese Expertise unseren Partnerländern zur Verfügung zu stellen. Schon jetzt freue ich mich darauf, dieses Netzwerk im kommenden Jahr offiziell eröffnen zu dürfen.
Aber nicht nur die Zivilgesellschaft in unseren Partnerländern wollen wir motivieren mit anzupacken. Auch die deutsche Zivilgesellschaft möchten wir für einen stärkeren Einsatz im Rahmen der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik gewinnen. Dabei werden Stiftungen als wichtige Partner des Auswärtigen Amts eine entscheidende Rolle spielen: Der am 30. November beginnende strategische Dialog zwischen dem Auswärtigen Amt und privaten Stiftungen bietet hierfür einen idealen Rahmen, um gemeinsame Interessen und Handlungsfelder zu identifizieren und einzelne Aktivitäten im Sinne höherer Wirksamkeit und Sichtbarkeit zu koordinieren.
Es freut mich sehr, dass auch das Deutsche Archäologische Institut Teil dieses strategischen Dialogs ist. Milan Kundera wird der Satz zugeschrieben, dass „jede Kultur das gemeinsame Schicksal aufgrund der jeweiligen Erfahrungen anders erlebt“. Das gemeinsame Erforschen unserer Erfahrungen und Vorerfahrungen formt unser kulturelles Gedächtnis und prägt damit unsere Vorstellungen von Identität. Das DAI leistet hier wertvollste Arbeit und ist und bleibt deshalb unverzichtbarer Partner der Auswärtigen Kulturpolitik.
Frank-Walter Steinmeier
ehem. Bundesaußenminister, derzeit Bundespräsident